Wurde dementer Senior abgezockt und ins Heim abgeschoben?

BRECHTEN: Unter dubiosen Umständen ist ein 83-jähriger Berliner mit Wohnsitz im spanischen Malaga in einem Dortmunder Seniorenzentrum gestrandet. Das Vermögen von Lothar G. ist verschwunden, ebenso die Schlüssel für sein Haus in Spanien. Haben Betrüger den Senior abgezockt und dann ins Heim abgeschoben? Die Dortmunder Polizei ermittelt international.

Der 1. Oktober 2015, 11.30 Uhr: Die 41-jährige Tina Kroll sitzt im Empfang des erst im August 2015 in Betrieb genommenen Seniorenzentrums „Brechtener Heide“ im Dortmunder Nordosten. Noch sind die Handwerker in dem modernen Bau aktiv. Das Rauschen im Hintergrund stammt von der Autobahn 2. Tina Kroll bearbeitet Anträge der ersten eingezogenen Heimbewohner, als ein schwarzer SUV vorfährt. Ein Leihwagen, wie die Polizei später ermittelt.

Den Fahrersitz verlässt eine Frau, die dann sofort eine der hinteren Türen öffnet. Der 83-jährige Lothar G. steigt aus. Tina Kroll reagiert zunächst überrascht. Denn „eine Neuaufnahme stand für diesen Tag nicht an.“ Die Frau aus dem schwarzen SUV führt den alten Mann durch den Eingang. „Er sah verwahrlost aus, roch nach Urin, wirkte verwirrt und verängstigt“, berichtet Tina Kroll über den ersten Eindruck. Den Kontakt will die Autofahrerin schnell wieder abbrechen:

„Den will ich hier abgeben“, sagt sie knapp – und ist schon wieder auf dem Weg zum Auto. Doch die Angestellte des Seniorenzentrums an der Nelly-Sachs-Straße hält die Unbekannte auf und fragt beharrlich nach einem Namen. Bei Lothar G. laufen jetzt Tränen durchs Gesicht. Tina Kroll erhält einen Personalausweis der aus Dortmund stammenden Fahrerin und damit das Pack-Ende für die inzwischen eingeleiteten internationalen Ermittlungen der Polizei.
Ruhestand in Malaga

Fest steht inzwischen: Der Ex-Ingenieur Lothar G. lebte im Ruhestand 21 Jahre lang in Malaga. An der Seite seiner Frau, die im Frühjahr 2015 verstorben ist. Seitdem muss es mit dem demenziell erkrankten und pflegebedürftigen Senior steil bergab gegangen sein. „Allmählich vervollständigen wir das Bild“, sagt Heimleiter Michael Kamp über die schwierigen Gespräche mit dem neuen Heimbewohner. Das Seniorenzentrum will bei ihm immer mehr Informationen in Erinnerung rufen.

Erinnerungen, die für die Ermittlungen der Polizei enorm wichtig sind. Denn es geht um Rentenzahlungen in fünfstelliger Höhe. Geld, das zurzeit unauffindbar ist. Inzwischen sind die Rentenzahlungen auf das Konto von Lothar G. in Malaga gestoppt worden. Ein gesetzlicher Betreuer soll seine Interessen vertreten. Zu klären ist, wer ihm den Schlüssel für sein Haus in Malaga abgenommen hat, wer das Haus zurzeit nutzt – und wo der Schmuck des Ehepaares ist.
Keine einfachen Ermittlungen

Einfach sind die Ermittlungen der Polizei nicht, denn der mutmaßlich um sein Vermögen gebrachte Lothar G. kann nicht präzise antworten. Auf die Frage, wo er sich zurzeit befinde, antwortet er mit „Duisburg“. Es ist nicht auszuschließen, dass seine hilflose Lage ausgenutzt worden ist, bevor der gebürtige Berliner am 1. Oktober 2015 unter dubiosen Umständen in ein Flugzeug gesetzt und nach der Landung nach Dortmund gefahren worden ist.

Erschienen auf: http://mobil.ruhrnachrichten.de/staedte/dortmund/44339-Brechten~/Dubioser-Fall-Wurde-dementer-Senior-abgezockt-und-ins-Heim-abgeschoben;art2576,2838805 am 08.10.2015

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