Das Limburger Gericht ist dem Mann gut bekannt. Im Herbst wird der Rechtsanwalt dort allerdings in einer neuen Rolle auftauchen: nicht in der gewohnten schwarzen Robe als Verteidiger, sondern als Angeklagter! Die Staatsanwaltschaft wirft dem Limburger Betrug in drei und Untreue in 23 Fällen vor. Der 54-Jährige soll zwischen November 2010 und April 2014 drei Mandanten um 315 000 Euro geprellt haben.
Dass der Anwalt das Geld in seine eigene Kasse abgezweigt hat, steht fest. Was er damit gemacht hat, ist den Ermittlern noch ein Rätsel. Wegen eines besonders luxuriösen Lebensstils ist der Vater einer kleinen Tochter jedenfalls nicht aufgefallen. „Wir haben keine Hinweise gefunden, wofür das Geld verwendet worden ist“, sagte Oberstaatsanwältin Angela Muth gestern der NNP. Nach ihren Angaben ist die Anklage in dieser Woche zugestellt worden.
Der Prozesstermin steht noch nicht fest. „Wahrscheinlich im Oktober oder November“, sagte der stellvertretende Landgerichts-Sprecher Joachim Stahl auf Anfrage. Vorher müssten ältere Haftsachen abgearbeitet werden.
Dabei sitzt der Rechtsanwalt auch schon seit fünf Monaten im Gefängnis. Am 3. April wurde er vorläufig festgenommen, der Haftrichter ließ ihn jedoch unter Auflag auf freiem Fuß. Mit fatalen Folgen.
Schwindel statt Knast
Der Anwalt marschierte statt in den Knast am nächsten Tag zu einem Klienten in einem Ortsteil von Hünfelden und ergaunerte sich noch einmal 10 000 Euro. Damit war das Maß voll, seitdem sitzt er in U-Haft.
„Wir haben ihn seit Langem gekannt und ihm blind vertraut“, sagte gestern eine Frau. Ihr Mann war als Betreuer seines Bruders eingesetzt, der nach einem Sturz im Treppenhaus als Pflegefall in der Weilmünsterer Klinik untergebracht war. Vor einem Jahr zahlte die Versicherung 100 000 Euro. „Ich kann das Geld besser anlegen“, sagte der Jurist, der auch Diplom-Betriebswirt ist. Die Familie gab dem Mann, der früher einmal im gleichen Dorf lebte, 80.000 Euro – und im Februar noch einmal 10 000 Euro. „Er verlangte eine Blitzüberweisung, weil er ganz dringend Geld brauche“, erzählt die Geschädigte.
Tante betrogen
Vorher brachte der Anwalt seine 83-jährige Tante aus dem Main-Taunus-Kreis und eine 91-Jährige aus Limburg um ihr Vermögen. Beide wollten sich mit der versprochenen Anlage ihren Lebensabend in Seniorenheimen finanzieren – beide sind heute auf Sozialhilfe angewiesen.
Seine Verwandte brachte der Limburger um 168 000 Euro. „Sie kann sich nicht einmal mehr eine Zahnprothese leisten“, sagt Gerichtssprecher Joachim Stahl.
Vom Konto der Limburger Rentnerin hob der Jurist 46 980 Euro für eigene Zwecke ab. Die Opfer haben wohl wenig Aussicht auf Entschädigung. Weil der Kollege die fälligen Haftpflichtbeiträge nicht mehr zahlte, hat ihm die Rechtsanwaltskammer Frankfurt die Zulassung entzogen.
http://www.nnp.de/lokales/limburg_und_umgebung/Betrugsvorwurf-Rechtsanwalt-muss-auf-die-Anklagebank;art680,1019045 am
05.09.2014