„Mein Mann wurde entmündigt und ins Heim gesteckt“

Hinter dem Rücken von Edith Meißner (67) setzte das Vormundschaftsgericht eine Betreuerin für ihren Mann Wolfgang (68) ein. Die steckte ihn gegen seinen Willen in ein teures Pflegeheim, zur Bezahlung der Heimkosten sollte das Eigenheim der Eheleute versteigert werden. BrandZeilen.de hat den ungeheuerlichen Skandal aufgedeckt.

Ich halte es nicht mehr aus, bitte hol’ mich hier raus, ich fühle mich wie in einem Gefängnis“, fleht Wolfgang Meißner, während er die Hand seiner Frau Edith fest an sich drückt. Der 67-Jährige sitzt auf einem Pflegebett, er ist unrasiert, der schlechtsitzende Jogginganzug ist voller Flecken. Sein Blick geht ins Leere, es scheint, als ob man den Mann mit Psychopharmaka vollgepumpt hätte. Gegen seinen Willen ist der pensionierte Speditionskaufmann auf Anordnung einer Berufsbetreuerin nun schon seit vier Jahren in einem teuren Pflegeheim im ostwestfälischen Luftkurort Bad Salzuflen untergebracht. Er hat BrandZeilen.de gebeten, seinen Fall publik zu machen.

„Es zerbricht mir jedes Mal das Herz, wenn ich sehe, wie mein Mann hier sein Leben fristen muss“, sagt seine Frau, während sie liebevoll die Wange ihres Mannes streichelt. „Lieber heute als morgen würde ich ihn hier herausholen, aber mir sind die Hände gebunden, denn auch ich wurde völlig entrechtet und kann für meinen Mann nichts mehr entscheiden. Das, was man mit ihm gemacht hat, ist für mich Freiheitsberaubung.“

Ein kurzer, überwachter Spaziergang im Park des Pflegeheims ist das Einzige, was der 67-jährigen ehemaligen Modedesignerin von ihrem Mann geblieben ist. „Ich muss sehr vorsichtig sein“, sagt sie. „Die Heimleitung beobachtet jeden meiner Schritte hier mit Argusaugen, sie hat mir schon mit Haus- und Kontaktverbot gedroht, weil mein Mann angeblich unruhig wird, wenn ich ihn besuche.“

Mit der Rente kam der Alkohol

Dabei hatte sich das Ehepaar seinen gemeinsamen Lebensabend ganz anders vorgestellt. Beide hatten immer gut verdient, sich ihren Traum vom eigenen Haus erfüllt und so viel Geld auf die Seite gelegt, dass es für ein sorgenfreies Rentnerleben reichen würde. „Wir wollten unseren Ruhestand genießen und auch im Alter nicht aufs Reisen, auf unsere Segeltörns und das Skilaufen verzichten“, sagt Edith Meißner.

Doch Wolfgang Meißner, der bis zu seiner Pensionierung als Prokurist und Personalchef einer großen Spedition gearbeitet hat, kam mit dem Ende seines Berufslebens und dem plötzlichen Rentnerdasein nicht zurecht. Er fing an, zu trinken, die Ehe geriet in eine Krise. „Erst als ich drohte, mich von ihm zu trennen, falls er mit dem Trinken nicht aufhört, kam er zur Besinnung“, so die Ehefrau

Die Einsicht ihres Mannes kam jedoch zu spät. Als er nach einem Zusammenbruch schwere Ausfallerscheinungen zeigte und aufgrund seiner Orientierungslosigkeit in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde, diagnostizierten die Ärzte eine beginnende Demenz und ein Korsakow-Syndrom, hervorgerufen durch einen jahrelangen Alkoholmissbrauch. Ärzte und der Sozialdienst der Klinik kamen zu dem Ergebnis, dass Wolfgang Meißner einen Betreuer brauche, da er seine Angelegenheiten selbst nicht mehr regeln könne. Obwohl er erfolgreich entzogen hatte und mittlerweile abstinent war.

Sohn gab Vorsorgevollmacht zurück

Was daraufhin passierte, bezeichnet Edith Meißner heute als „Werk der Betreuungsmafia“. Nachdem ihr Sohn eine auf ihn ausgestellte Vorsorgevollmacht zurückgegeben hatte, weil das zuständige Gericht ihn für „überfordert“ hielt, wurde Wolfgang Meißner kurzerhand eine fremde Betreuerin bestellt! „Hinter meinem Rücken, ohne dass ich überhaupt in irgendeiner Weise eingebunden oder informiert worden wäre“, empört sich Edith Meißner. Nicht einmal zu dem vor dem Amtsgericht anberaumten Termin hatte man sie eingeladen.

So fiel sie aus allen Wolken, als man ihr den Beschluss des Vormundschaftsgerichts zustellte: nach 43 Ehejahren war sie entrechtet, fortan sollte nur noch eine Person das Sagen haben und über ihren Mann bestimmen: Berufsbetreuerin Carmen W. Ihre Zuständigkeiten bezog sich neben denen der „Gesundheitsfürsorge“ und „Postangelegenheiten“ auch auf sämtliche Vermögensangelegenheiten und auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Ihre erste Amtshandlung: sie schloss für Wolfgang Meißner einen Heimvertrag ab: Kostenpunkt: 3,500 Euro pro Monat! Da Ihr Ehemann in einem Alten -und Pflegeheim untergebracht ist, sind sämtliche Einkünfte zur Deckung der Heimkosten einzusetzen“, hieß es schon in ihrem ersten Schreiben an Edith Meißner, in dem die Betreuerin weitere schwere Geschütze auffuhr: „Da gemeinsamer Grundbesitz vorhanden ist, wird festzulegen sein, wie mit dem Grundbesitz zu verfahren ist…“

Ihr Eigenheim sollte versteigert werden

Gemeint war das Haus, das sie für ihre Altersvorsorge gebaut hatten. „Und die Betreuerin machte nicht einmal einen Hehl daraus, dass sie unseren Besitz ohne Rücksicht auf Verluste zu Geld machen will“, empört sich Edith Meißner. Notgedrungen zog sie zu einer Schulfreundin ins 110 Kilometer entfernte Werne, um das Haus vermieten zu können. Von diesen Einnahmen, so ihre Überlegung, sollte zumindest ein Teil der immensen Heimkosten aufgebracht werden. Unglaublich, aber wahr: im Namen ihres Ehemannes untersagte ihr die Betreuerin kurzerhand, das leerstehende Haus zu vermieten, der dadurch entstandene Mietverlust belief sich zwischenzeitlich auf mehr als 10.000 Euro. Statt dessen betrieb die Betreuerin völlig ungeniert die Zwangsversteigerung der Immobilie! „Es war offensichtlich, dass es ihr nur um die Verwertung unseres Grundbesitzes und unseres Vermögens ging“, ist sich Edith Meißner sicher. „Unter den Augen und mit ausdrücklicher Billigung der Vormundschaftsgerichte in Bünde und in Lemgo sollten mein Mann und ich in den finanziellen Ruin und die Altersarmut getrieben werden.“

Kampf gegen die Betreuungsmafia

Dass Wolfgang Meißner unbedingt zu seiner Frau will, und dass er möchte, dass sie entscheidet, wie und wo sie in Zukunft zusammen leben, interessierte die Betreuungsmafia nicht. „Ganz im Gegenteil“ sagt Edith Meißner, die den Glauben an ein funktionierendes Betreuungswesen längst verloren hat. „Betreuer, Sozialdienste, Pflegeheime und Gerichte arbeiten Hand in Hand zusammen, denn es geht um viel, viel Geld. Das Wohl und der Wille der Betreuten spielen schon längst keine Rolle mehr. Deren Interessen und die ihrer Angehörigen bleiben auf der Strecke. Es kann nicht angehen, dass es einer Ehefrau nach 45 Jahren Ehe nicht gestattet wird, sich um ihren Ehemann zu kümmern.“

Unermüdlich kämpfte sie um ihren Mann und um ihr Vermögen. Sie schrieb Dienstaufsichtsbeschwerden und bombardierte Gerichte, sie wandte sich an diverse Petitionsausschüsse und verlangte von der Betreuerin, nachzuweisen, wo die Erlöse eines Autoverkaufs, einer Lebensversicherung und eines Sparvertrages geblieben waren. Endlich kam Bewegung in die Sache. Das zuständige Gericht erkannte wohl seine unrühmliche Rolle und überprüfte noch einmal alles. „Ich bekam ich vom zuständigen Landgericht eine Ladung zur Anhörung im Pflegeheim, in dem mein Man gegen seinen und meinen Willen festgehalten wird “, erzählt Edith Meißner. Der Richter vor Ort kannte die schweren Vorwürfe gegenüber der Betreuerin. Sie hatte die Zwangsversteigerung der Meißnerschen Immobilie betrieben und Edith Meißner sogar im Namen ihres Mannes die Vermietung untersagt, um so einen Vorwand für die Veräußerung zu haben. Der Richter setzte sie mit einem Federstrich ab und setzte einen neuen Betreuer ein. Edith Meißner und ihr Mann waren die Betreuerin los, die alles daran gesetzt hatte, sie in den finanziellen Ruin zu treiben.

Der neue Bettreuer zeigte sich sehr kooperativ, insbesondere stimmte er sofort einer Vermietung des Hauses der Eheleute zu. „Auch will er klären, wo rund 20.000 Euro aus unserem Vermögen geblieben sind, über deren Verbleib die alte Betreuerin noch keine Angaben gemacht hat“, so Edith Meißner. Auch hat der neue Betreuer, dem die Eheleute großes Vertrauen entgegenbringen, signalisiert, dass er die Möglichkeit eines Heimwechsels prüfen will. Sie möchte, das er in eine Einrichtung für betreutes Wohnen (aufgrund seiner beginnenden Demenz notwendig) ganz in ihrer Nähe kommt, so dass sie ihn jederzeit und wann sie will zu sich nach Hause holen kann und mit ihm etwas unternehmen kann.

Doch noch ist Edith Meissner nicht am Ziel. Sie ist fest entschlossen, weiter für ihren Ehemann und einen gemeinsamen Lebensabend zu kämpfen. „Ich habe ihm bei unserer Hochzeit geschworen, dass ich für ihn da sein werde in guten wie in schlechten Zeiten. Ich kämpfe um ihn und werde nicht zulassen, dass er weiterhin gegen seinen Willen in diesem Heim festgehalten wird und dort jämmerlich vor die Hunde geht.“

Erschienen auf: http://www.brandzeilen.de/topstories/2/Mein_Mann_wurde_entmuendigt_und_ins_Heim_gesteckt.html am 07.04.2015

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